Wir haben im internen Bereich dieser Homepage einen Debattenraum eröffnet, in dem unsere Mitglieder und Kandidat:innen ihre Gedanken zu der Situation nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel und der damit im Zusammenhang stehenden Entwicklung, in der Region und hier bei uns, teilen können.

Wir weisen darauf hin, dass die folgenden Texte die Meinung der jeweiligen Autor:innen wiedergeben geben und von diesen verantwortet werden.

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Ergänzung der Erklärung des Vorstandes der DPG zu den Ereignissen vom 7.10.2023 in Israel

28. Oktober 2023

Die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft verurteilt den terroristischen Angriff der Hamas auf die Zivilbevölkerung von Israel. Hunderte israelischer Zivilisten und ausländische Gäste wurden ermordet, verwundet oder als Geiseln verschleppt. Das Ausmaß der Grausamkeit dieses Angriffs ist beispiellos in der jüngeren Geschichte; diese Verbrechen tragen die Züge eines Pogroms.

Wir fordern die sofortige Beendigung der Gewalt gegen die Bevölkerung von Israel und die unverzügliche Freilassung aller Geiseln.

Wir verurteilen auch die in diesem Zusammenhang aufgetretenen antiisraelischen und antisemitischen Vorfälle in Deutschland.

Als Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker besorgt uns ein seelisches Klima, in welchem andere Menschen als Folge exzessiver Spaltungen und Projektionen dehumanisiert und dämonisiert werden und dadurch in der Folge ihre Vernichtung gerechtfertigt wird.

Unsere Anteilnahme gilt allen Menschen in der Region, die jetzt zu Opfern werden. Unsere besondere Verbundenheit gilt den psychoanalytischen Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die selbst mit ihren Familien bedroht sind und die jetzt im Rahmen ihrer Arbeit eine Bearbeitung der Gefühle von Ohnmacht, Angst, Trauer und Wut ermöglichen und genau dadurch der Traumatisierung entgegenwirken.

Wir hoffen auf die (Wieder-)aufnahme eines Dialogs aller Beteiligten, der eine grundlegende Voraussetzung für den dringend benötigten Friedensprozess darstellt.

Der Vorstand der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG)

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Eckehard Pioch
Vorsitzender der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG)

27. Oktober 2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir sind weiterhin in großer Sorge angesichts der mit dem barbarischen Angriff der Hamas auf Israel im Zusammenhang stehenden Entwicklung in der Region und auch hier bei uns. Vor kurzem haben wir Ihnen eine Stellungnahme des DPG-Vorstands zu diesem Thema zugesandt. Sie hat verschiedene Kolleg:innen veranlasst, mit eigenen Kommentaren und Anmerkungen zu reagieren.

Neben Dank, Zustimmung und Anregungen, noch weitere Texte den DPG-Mitgliedern zugänglich zu machen, etwa die Erklärung der israelischen Psychoanalytischen Gesellschaft, gab es auch kritische Rückmeldungen. Das ist bei diesem Thema auch nicht anders zu erwarten.  Man gerät sehr leicht in den Sog eines hoch aufgeladenen bipolaren Feldes, in dem die Empathie für eine bestimmte Gruppe in einer spezifischen Situation als mangelndes Verständnis für die andere Seite erlebt wird.

Um hier Missverständnissen vorzubeugen, haben wir uns an einer Stelle der Erklärung zu einer Präzisierung entschlossen und kommen damit dem von einigen Kolleg:innnen formulierten Wunsch nach, auch die Opfer der palästinensischen Bevölkerung explizit anzusprechen. Wir ergänzen also an der betreffenden Stelle:

Unsere Anteilnahme gilt allen Menschen in der Region, sowohl den israelischen Opfern des Terrors als auch der notleidenden palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza und im Westjordanland, die jetzt zu Opfern werden.

Diese Änderung ist auf unserer Homepage bereits erfolgt, auf der Sie auch noch einmal die Erklärung vollständig lesen können.

Wir haben als Vorstand der DPG außerdem überlegt, im internen Bereich der Homepage einen Debattenraum zu diesem Thema zu eröffnen. Dort können Sie Ihre Gedanken zu diesem Thema niederlegen oder z.B. auch Links zu damit im Zusammenhang stehenden Veröffentlichungen im Internet. Bitte senden Sie Ihre Texte an die Geschäftsstelle. Dann besteht die Möglichkeit, diese in dem Debattenraum zu veröffentlichen. Es kann sein, dass die Realisierung dieses Projekts noch ein paar Tage dauert, aber wir arbeiten daran, es schnellstmöglich anzubieten.

Herzliche Grüße

Eckehard Pioch
Vorsitzender der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG

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Erklärung des DPG-Vorstandes zu den Ereignissen vom 7.10.2023 in Israel

15. Oktober 2023

Die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft verurteilt den terroristischen Angriff der Hamas auf die Zivilbevölkerung von Israel. Hunderte israelischer Zivilisten und ausländische Gäste wurden ermordet, verwundet oder als Geiseln verschleppt. Das Ausmaß der Grausamkeit dieses Angriffs ist beispiellos in der jüngeren Geschichte; diese Verbrechen tragen die Züge eines Pogroms.

Wir fordern die sofortige Beendigung der Gewalt gegen die Bevölkerung von Israel und die unverzügliche Freilassung aller Geiseln.

Wir verurteilen auch die in diesem Zusammenhang aufgetretenen antiisraelischen und antisemitischen Vorfälle in Deutschland.

Als Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker besorgt uns ein seelisches Klima, in welchem andere Menschen als Folge exzessiver Spaltungen und Projektionen dehumanisiert und dämonisiert werden und dadurch in der Folge ihre Vernichtung gerechtfertigt wird.

Unsere Anteilnahme gilt allen Menschen in der Region, die jetzt zu Opfern werden. Unsere besondere Verbundenheit gilt den psychoanalytischen Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die selbst mit ihren Familien bedroht sind und die jetzt im Rahmen ihrer Arbeit eine Bearbeitung der Gefühle von Ohnmacht, Angst, Trauer und Wut ermöglichen und genau dadurch der Traumatisierung entgegenwirken.

Wir hoffen auf die (Wieder-)aufnahme eines Dialogs aller Beteiligten, der eine grundlegende Voraussetzung für den dringend benötigten Friedensprozess darstellt.

Der Vorstand der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG)

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Robert Habeck, Rede vom 02.11.2023

2. November 2023

"Der Terrorangriff der Hamas auf Israel ist jetzt bald vier Wochen her. Viel ist seitdem passiert: politisch aber vor allem für die Menschen, so vielen Menschen, deren Leben von Angst und Leid zerfressen wird. Die öffentliche Debatte ist seit dem Angriff aufgeheizt, mitunter verworren. Ich möchte mit diesem Video einen Beitrag dazu leisten, sie zu entwirren.

Zu viel scheint mir zu schnell vermischt zu werden. Der Satz 'Israels Sicherheit ist deutsche Staatsräson' war nie eine Leerformel und er darf auch keine werden. Er sagt, dass die Sicherheit Israels für uns als Staat notwendig ist. Dieses besondere Verhältnis zu Israel rührt aus unserer historischen Verantwortung: Es war die Generation meiner Großeltern, die jüdisches Leben in Deutschland und Europa vernichten wollte. Die Gründung Israels war danach, nach dem Holocaust, das Schutzversprechen an die Jüdinnen und Juden – und Deutschland ist verpflichtet, zu helfen, dass dieses Versprechen erfüllt werden kann. Das ist ein historisches Fundament dieser Republik.

Die Verantwortung unserer Geschichte bedeutet genauso, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland frei und sicher leben können. Dass sie nie wieder Angst haben müssen, ihre Religion, ihre Kultur offen zu zeigen. Genau diese Angst aber ist nun zurück.

Ich habe kürzlich Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Frankfurt getroffen. In einem intensiven, in einem schmerzhaften Gespräch erzählten mir die Gemeindevertreterinnen und -vertreter, dass ihre Kinder Angst haben, zur Schule zu gehen, dass sie nicht mehr in Sportvereine gehen, dass sie auf Anraten ihre Eltern die Kette mit dem Davidstern zu Hause lassen. Heute, hier in Deutschland, fast 80 Jahre nach dem Holocaust.

Sie erzählten, dass sie sich selbst nicht mehr trauen, in ein Taxi zu steigen, dass sie Briefe nicht mehr mit Absendern versehen, um ihre Empfänger zu schützen. Heute, hier in Deutschland, fast 80 Jahre nach dem Holocaust. Und ein jüdischer Freund berichtete mir von seiner Angst, seiner schieren Verzweiflung, seinem Gefühl von Einsamkeit.

Die jüdischen Gemeinden warnen ihre Mitglieder, bestimmte Plätze zu meiden – zu ihrer eigenen Sicherheit. Und das heute, hier in Deutschland fast 80 Jahre nach dem Holocaust.

Der Antisemitismus zeigt sich auf Demonstrationen, er zeigt sich in Äußerung, er zeigt sich in Angriffen auf jüdische Läden, in Drohungen. Während es schnell große Solidaritätswellen gibt, etwa wenn es zu rassistischen Angriffen kommt, ist die Solidarität bei Israel rasch brüchig. Dann heißt es, der Kontext sei schwierig. Kontextualisierung aber darf hier nicht zur Relativierung führen.

Wir haben sicherlich oft zu viel Empörung in unserer Debattenkultur. Aber hier können wir gar nicht empört genug sein. Es braucht jetzt Klarheit und kein Verwischen. Und zur Klarheit gehört: Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren – in keiner.

Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und den weiteren Städten Deutschlands ist inakzeptabel und braucht eine harte politische Antwort. Es braucht diese auch von den muslimischen Verbänden. Einige haben sich klar von den Taten der Hamas und vom Antisemitismus distanziert, haben das Gespräch gesucht. Aber nicht alle, und manche zu zögerlich und ich finde, insgesamt zu wenige.

Die hier lebenden Muslime haben Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt – zurecht. Wenn sie angegriffen werden, muss dieser Anspruch eingelöst werden und das gleiche müssen sie jetzt einlösen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden. Sie müssen sich klipp und klar von Antisemitismus distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen. Für religiöse Intoleranz ist in Deutschland kein Platz. Wer hier lebt, lebt hier nach den Regeln dieses Landes. Und wer hierherkommt, muss wissen, dass das so ist und so auch durchgesetzt werden wird.

Unsere Verfassung schützt und gibt Rechte, sie legt aber auch Pflichten auf, die von jedem und jeder erfüllt werden müssen. Beides kann man nicht voneinander trennen. Toleranz kann an dieser Stelle keine Intoleranz vertragen. Das ist der Kern unseres Zusammenlebens in dieser Republik.

Das heißt: Das Verbrennen von israelischen Fahnen ist eine Straftat, das Preisen des Terrors der Hamas auch. Wer Deutscher ist, wird sich dafür vor Gericht verantworten müssen, wer kein Deutscher ist, riskiert außerdem seinen Aufenthaltsstatus. Wer noch keinen Aufenthaltstitel hat, liefert einen Grund, abgeschoben zu werden.

Der islamistische Antisemitismus darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir auch in Deutschland einen verfestigten Antisemitismus haben: Nur, dass die Rechtsextremen sich gerade aus rein taktischen Gründen zurückhalten, um gegen Muslime hetzen zu können. Die Relativierung des Zweiten Weltkriegs, des Nazi-Regimes als 'Fliegenschiss' ist nicht nur eine Relativierung des Holocaust, sie ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer und Überlebenden.

Alle, die hinhören, können und müssen das wissen. Der Zweite Weltkrieg war ein Vernichtungskrieg gegen Juden. Für das Naziregime war die Vernichtung des europäischen Judentums das Hauptziel. Und weil unter den rechtsextrem so manche Putin Freunde sind: Putin lässt sich mit Vertretern der Hamas und der iranischen Regierung fotografieren und bedauert die zivilen Opfer im Gazastreifen, während er zivile Opfer in der Ukraine schafft. Seine Freunde in Deutschland, sie sind gewiss keine Freunde der Jüdinnen und Juden.

Sorge macht mir aber auch der Antisemitismus in Teilen der politischen Linken und zwar leider auch bei jungen Aktivistinnen und Aktivisten. Antikolonialismus darf nicht zu Antisemitismus führen. Insofern sollte dieser Teil der politischen Linken seine Argumente überprüfen und der großen Widerstandserzählung misstrauen. Das 'beide Seiten'-Argument führt hier in die Irre. Die Hamas ist eine mordende Terrorgruppe, die für die Auslöschung des Staates Israels und den Tod aller Juden kämpft. Die Klarheit, mit der das wiederum z. B. die deutsche Sektion von Fridays For Future auch in Abgrenzung zu ihren internationalen Freunden konstatiert hat, die wiederum ist mehr als respektabel.

Als ich kürzlich in der Türkei war, wurde mir vorgehalten, dass in Deutschland propalästinensische Demonstrationen verboten seien. Und dass Deutschland seine humanitären Ansprüche auch auf die Menschen in Gaza übertragen müsse. Ich machte klar, dass bei uns Kritik an Israel natürlich erlaubt ist. Und dass es eben nicht verboten ist, für die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser und auch ihr Recht auf einen eigenen Staat einzutreten. Aber der Aufruf zur Gewalt gegen Juden oder das Feiern der Gewalt gegen Juden, die sind verboten – und zwar zurecht!

Ja, das Leben in Gaza ist Leben in Perspektivlosigkeit und Armut. Ja, die Siedlerbewegung in der Westbank schürt Unfrieden und nimmt Palästinensern Hoffnung und Rechte und zunehmend auch Leben. Und das Leid der Zivilbevölkerung jetzt im Krieg ist eine Tatsache, eine fürchterliche Tatsache. Jedes tote Kind ist eines zu viel. Auch ich fordere humanitäre Lieferungen, setze mich dafür ein, dass Wasser, Medikamente, Hilfsgüter nach Gaza kommen, dass die Flüchtlinge geschützt werden.

Zusammen mit unseren amerikanischen Freunden machen wir Israel immer wieder deutlich, dass der Schutz der Zivilbevölkerung zentral ist. Der Tod und das Leid, das jetzt über die Menschen im Gazastreifen kommt, sind schlimm. Das zu sagen, ist so notwendig wie legitim. Systematische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden aber kann damit dennoch nicht legitimiert werden. Antisemitismus kann damit nicht gerechtfertigt werden. Natürlich muss sich Israel an das Völkerrecht und internationale Standards halten. Aber der Unterschied ist: Wer würde solche Erwartung je an die Hamas formulieren?

Und weil ich kürzlich im Ausland damit konfrontiert wurde, wie der Angriff auf Israel am 7. Oktober als – Zitat – 'unglücklicher Vorfall' verharmlost wurde, ja sogar die Fakten infrage gestellt wurden, noch einmal hier in Erinnerung gerufen: Es war die Hamas, die Kinder, Eltern, Großeltern in ihren Häusern bestialisch ermordet hat. Deren Kämpfer Leichen verstümmelt haben, Menschen entführt und lachend der öffentlichen Demütigung ausgesetzt haben. Es sind Berichte des schieren Horrors – und dennoch wird die Hamas als Freiheitsbewegung gefeiert? Das ist eine Verkehrung der Tatsachen, die wir nicht stehen lassen können.

Und das bringt mich zum letzten Punkt: Der Angriff auf Israel erfolgt in einer Phase der Annäherung mehrerer muslimischer Staaten an Israel. Es gibt die Abraham-Abkommen zwischen Israel und muslimischen Staaten der Region. Jordanien und Israel arbeiten in einem großen Trinkwasserprojekt zusammen. Saudi-Arabien war auf dem Weg, seine Beziehung zu Israel zu normalisieren. Aber ein friedliches Miteinander von Israel und seinen Nachbarn, von Juden und Muslimen, die Perspektive einer Zwei-Staaten-Lösung – all das wollen die Hamas und ihre Unterstützer, insbesondere die iranische Regierung, nicht. Sie wollen es zerstören.

Wer die Hoffnung auf Frieden in der Region nicht aufgegeben hat, wer am Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat und eine wirkliche Perspektive festhält – und das tun wir – der muss jetzt in diesen Wochen der Bewährung differenzieren. Und zur Differenzierung gehört, dass die Mordtaten der Hamas Frieden verhindern wollen. Die Hamas will nicht die Aussöhnung mit Israel, sondern die Auslöschung von Israel. Und deshalb gilt, unverrückbar: Das Existenzrecht Israels darf nicht relativiert werden. Die Sicherheit Israels ist unsere Verpflichtung. Deutschland weiß das."

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Thomas Wesle, Webmaster Homepage DPG

1. November 2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende, auf der Website der IPA https://www.ipa.world/ gibt es eine interessante Interview-Serie, „IPA On an Off the Couch“, die wir regelmäßig auf der Facebookseite der DPG posten, viele kennen die Seite schon. Ganz aktuell gibt es ein Interview zur Akutbehandlung der Opfer des Massakers vom 7. Oktober in Israel mit Merav Roth, Ph.D. and Mira Ehrlich-Ginor, Ph.D. (TelAviv), das wir Ihnen hier zur Verfügung stellen wollen.

Episode 146: Acute Psychoanalytic Care of the Victims of the October 7th Massacre with Merav Roth, Ph.D. and Mira Ehrlich-Ginor, Ph.D. (Tel Aviv)

You can listen to it here: https://ipaoffthecouch.org/2023/11/01/episode-146-acute-psychoanalytic-care-of-the-victims-of-the-october-7th-massacre-with-merav-roth-ph-d-and-mira-ehrlich-ginor-ph-d-tel-aviv/

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Statement of the Members of the Israeli Psychoanalytic Societies and Institutes

01. November 2023

On Saturday morning, October 7, 2023, like a violent eruption of a volcano, the earth unleashed the most absolute explosion of evil. Hamas terrorists raided calm civilian communities on Israeli territory, murdered, raped, abused bodies and babies, burned homes, and kidnapped babies, children, elderly, women and men.

Over 1,400 people were murdered, 4000 injured, hundreds are absent and 239 are held hostage in the hands of a terror organization, their fate unknown. Moreover, Israel is under a constant rocket attack from south to north targeting the entire Israeli population, with over 130000 civilians already evacuated from their homes, living as refugees in their own country. For this reason, as any other country, Israel has the right and the obligation to protects its citizens.

These acts targeted Jews and Israelis, however they did not discriminate, as Arabs and people of many other nationalities were murdered. There is no justification for this horrific brutality, this outbreak of sheer evil and inhumanity. This presents a real threat and is entirely a war against all humanity.

It is important to emphasize that we, in the mental health field, are ethically committed to the wellbeing ofpeople on both sides. Weare well aware of thepsychological price of war firsthand, and as a result, we would like toexpressthe wish that all children and innocent people, regardless of race or nationality should be protected. We express sorrow for the suffering caused to uninvolved Palestinians. It is shocking that Hamas deliberately hides among them and endangers their lives.

We turn to you and ask for your solidarity in our plight for the immediate release of the hostages, and in expressing condemnation of the atrocities and crimes against humanity that the Hamas unleashed on October 7th and continues to unleash, using innocent civilians as human shields.

We are very grateful for the deep concern that has been expressed by some of our affiliate professional societies around the world. Such gestures of solidarity have been very valuable and reassuring. On the other hand, other statements and demonstrations which have taken place in some cities and campuses that have overlooked or flatly denied the atrocities experienced by Israelis on October 7th, are injurious and worrisome in their disregard of these events. 

The refusal to recognize the human catastrophe of the events that occurred in Israel, the turning a blind eye to expression of cruelty and an additional blind eye to the suffering of the victims, flattens the human soul and dehumanizes Israelis whose losses do not count. These types of attitudes disregard the human price paid by thousands of victims. We are calling for all people concerned with human rights to openly oppose all statements and actions that ignore the plight of those affected by the Hamas attack and neglect to condemn the violence that Hamas has perpetrated on innocentcivilians.

Praying and hoping for better days, The Psychoanalytic and Analytic Societies and Institutes in Israel 

Dr. Viviane Chetrit-Vatine, Israel Psychoanalytic Society, President
Simi Talmi, Chair of Tel Aviv institution of Contemporary psychoanalysis
Raanan Kulka, Head, Human SpiritPsychoanalytic-Buddhist Training Program
Ahuva Yavin Arnon, The Israeli Society for Analytical Psychology, ISAP, President
Batya Brosh Palmoni, President of The Israeli institute of Jungian Psychology, in honour of Erich Neumann
Iris Elyakim-Meroz, New Israeli Jungian Association, President
Liat Ariel, Chairperson of the management committee of the Israeli Institute of Group Analysis (IIGA)

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Israeli Psychoanalytic Society

28. Oktober 2023

We, Israeli child psychoanalysts and psychoanalysts in general, like the rest of the Israeli citizens, are under an ongoing traumatic onslaught following the heinous acts of Palestinian Hamas terrorists, which took place on Saturday, October 7th in the southern Kibbutz, villages and towns of Israel. In the past days we are exposed to horrifying evidence about the massacre of civilians: children, women and elderly people in their homes and the abduction of citizens to Gaza with abuse and humiliation that is beyond description in words. The sadistic cruelty towards infants, children and young adolescents, many of them mutilated, raped and tortured after having been forced to witness the murder of their parents and of entire families, is unthinkable. This is not just a crime born out of hatred of Jews (which the Hamas openly propagates in all its official channels) or territorial or religious conflict, but a crime against humanity. The target is humanity, not just Israel. 

Our main concern now are the children who were kidnapped to Gaza, and who are hopefully still alive, held in captivity by murderous terrorists. Some of those children were unmercifully orphaned, as the terrorists brutally abused their parents and often murdered them while the children were forced to watch the horrifying scene. The terrorists then shot and burned their parents in front of their eyes, celebrating the killing, filming and broadcasting the horrors in their victims’ social media, after taking their cellular phones and using them for these horrific purposes. 

A video of a young child wandering around in the streets of Gaza, being bullied by Palestinian children is spread all over the internet, an image that haunts one in a way that cannot be contained by the human mind. 

The sadistic, deliberate targeting of infants and children for abuse, torture and murder is an attempt to destroy the most fundamental link to humanity. It is an attempt to annihilate any connection to vulnerability, development, love and goodness. It is a death-driven culture of hate and destruction. It has nothing to do with territorial claims or conflict, and everything to do with a perverse idealization of death and torture. As such, these perpetrators exiled themselves from any inclusion in human discourse. 

We call upon every government and organization to speak out loud, condemn these monstrous actions and perpetrators and call for the immediate, unconditional release of the Israeli children who were abducted to Gaza. 

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Offener Brief jüdischer Intellektueller – Die Freiheit der Andersdenkenden

22. Oktober 2023

Artikel in der TAZ

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Stellungnahme von Atili Shirin, Ferisde Eksi, Iris Hefets, Michal Kaiser-Livne

18.10.2023

Mit Erstaunen und Empörung haben wir die „Erklärung der DPG zum terroristischen Angriff der Hamas auf Israel“ vom 16.10.23 zur Kenntnis genommen. In der Stellungnahme wird lediglich eine Seite dargestellt und genannt: 5 Mal kommt Israel bzw. kommen Israelis als Menschen vor, einmal tauchen „ausländische Gäste“ auf und nur die indigene Bevölkerung von Palästina, oder „der Region“, wie es in der Stellungnahme formuliert wird, wird aus dem Text und Kontext gelöscht. Parallel dazu begeht Israel in Gaza ein weiteres Mal Kriegsverbrechen – wenn man einige israelische Politiker beim Wort nimmt, auch mit genozidaler Intention.

Der grauenvolle Hamas-Angriff am Samstag, dem 7.10.23 war eine schockierende Überraschung für die israelisch-jüdische Gesellschaft. Das ist ein Ergebnis blinden Vertrauens in ihre Machthoheit nach so vielen Jahren Straflosigkeit trotz des Verbrechens der Apartheid und der damit verbundenen Unterdrückung der Palästinenser:innen.

Israel sperrt seit 16 Jahren die Bevölkerung des Gazastreifens ein, kontrolliert wieviel Kalorien seine Bewohner täglich essen dürfen, ob sie Strom und für wie lange am Tag sie ihn haben dürfen und ob sie zu Chemotherapie-Behandlungen herausgelassen werden. Laut UNO ist der Gazastreifen seit 2020 unbewohnbar, wir sind fast am Ende von 2023. Es handelt sich also weder um Projektionen noch um innere Spaltungsprozesse. Die israelischen Drohnen über dem Gazastreifen, die wiederholten Bombardierungen durch Israel (2008-9, 2011, 2014, 2021, 2023) und der von Israel errichtete Grenzzaun sind eine äußerliche Realität und keine psychische. Psychisch hat das zur Folge, dass die brutalen Angreifer der Zivilist:innen am 7.10.23 nie einen posttraumatischen Zustand erreichen konnten, weil sie immer unter traumatisierenden Bedingungen leben. Dass bei zahlreichen von ihnen der Todestrieb die Oberhand hat, kann keine:n Psychoanalytiker:in wundern.

Dass Sie als Vorstandsmitglieder die grausamen Massaker der Hamas-Streitkräfte als „beispiellos“ bezeichnen, ist auch verwunderlich. Das Massaker von Butscha liegt erst kurz zurück, 1995 wurden mehr als 8000 Bosnier durch serbische Streitkräfte ermordet. Das sind nur Beispiele aus Europa. Wenn man nicht eurozentrisch denkt, lässt sich diese Liste leider verlängern.

Wenn antisemitische Vorfälle auftreten, sind sie scharf zu verurteilen. Dies mit „antiisraelischen“ Vorfällen zu vermischen, trägt dazu bei, Judentum als Religions- und Volksgemeinschaft mit Israel als Staat zu vermischen. Wir haben nie von Verurteilungen der DPG von antitürkischen, antirussischen, antipolnischen oder sonstigen antinationalen Vorfällen erfahren. Warum wird Israel anders als jedes Land behandelt?

Momentan werden Palästinenser:innen in Deutschland dehumanisiert. Sie werden pauschal mit der Hamas identifiziert, ihre Meinungsfreiheit und ihr Versammlungsrecht werden massiv eingeschränkt. Palästinensische Schüler dürfen in Berlin kein Identitätsmerkmal tragen, palästinensische Kinder werden von der Polizei am helllichten Tag verhaftet. Sie werden so entmenschlicht, so dass sie nicht mal ihre Gefühle angesichts der Vernichtung ihrer Familien äußern dürfen, ohne sich der Gefahr auszusetzen, als Störenfriede zu gelten und von der Schule entfernt zu werden.

Dagegen werden Solidaritätsdemonstrationen mit Israel staatlich gefördert. Wie sollen Minderheiten in Deutschland zusammenleben, wenn der Staat und andere gesellschaftliche Institutionen wie die DPG zwischen Minderheiten spalten? Warum werden in der Stellungnahme die Palästinenser:innen mit keinem Wort erwähnt?

Als Psychoanalytikerinnen, die mit Patient:innen aller möglichen Nationen und Staatenlosen, Gendern und Colour jenseits der Binarität arbeiten, können wir die völlig einseitige Darstellung in der DPG-Erklärung nicht schweigend hinnehmen. 

Wir wenden uns entschieden gegen die implizite Auslöschung einer Menschengruppe.

Shirin Atili, Psychoanalytikerin, DPG/IPV-Kandidatin
Eksi Ferisde, Psychoanalytikerin DPG/IPV
Hefets Iris, Psychoanalytikerin DPG/IPV
Kaiser-Livne Michal, Psychoanalytikerin, DPG/D3G

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Statement from the International Study Group on Antisemitism

11. Oktober 2023

We strongly condemn the murder, maiming, and abduction of hundreds of Israeli civilians and soldiers during an unprovoked attack by Hamas terrorists. The scale of this terrorist attack is unprecedented in recent history. It can only be viewed as a pogrom.

We quote from Alan Johnson, editor of Fathom:

Hamas hunted Jews in southern Israel, burning them out their houses, shooting, killing, and abducting men, women and children. Hamas moved through towns and villages, slaughtering. At least 250 people were massacred at a music festival for peace, the executions carrying on for hours. One victim was paraded semi-naked in the back of a Hamas pick-up truck as militants sat on top of her and jeered….Other murdered women were stripped naked and paraded through the streets with cheering men crowding round to spit on them. An elderly woman, a Holocaust survivor, was dragged away by a Hamas terrorist in her wheelchair. …Children were kidnapped. Canadian peace activists were abducted. Entire families were taken. (In Fathom, 8 October 2023)

In its founding document, the Hamas Charter, Hamas states that is committed to waging Jihad, or holy war, in order “to raise the banner of Allah over every inch of Palestine”. Its stated goal is to eliminate the Jewish state and kill Jews. It must be made clear that the terror against Israel is not motivated by economic, geographic, or political conflicts: all of Israel is considered a holy land that must not be defiled by the presence of "infidels", whether Christians or Jews. One must be very clear that the statement of freeing Palestine from occupation, “From the River to the Sea”, reveals a clear intent to eliminate the State of Israel.

We as psychoanalysts can identify the dehumanization of the Jewish population that is being displayed by the horrific massacre on the 7th of October. It is only this process that gives license to such unleashed cruelty. How can the humanity of both peoples be recovered so that a dialogue can take place? It does not seem possible in the near future.

We hope that in due course it will be possible to find strong leaders on both sides who will have the courage to meet and negotiate Peace between Israelis and Palestinians.

Professor Rosine Perelberg PhD, British Psychoanalytical Society
Dr Elisabeth Brainin MD, Wiener Psychoanalytische Vereinigung (WPV) / Vienna Psychoanalytic Society
Dr Ira Brenner MD, Psychoanalytic Center of Philadelphia
Mrs Susanne Calice MSc, M.Phil, British Psychoanalytical Society
Professor Cláudio Laks Eizirik MD, Porto Alegre Psychoanalytic Society
Dr Anna Ferruta MD, Italian Psychoanalytical Society
Dr Serge Frisch, Belgian Psychoanalytic Society (SBP)/ German Psychoanalytic Society (DPG)
Dr Nikola Kern MD, British Psychoanalytical Society
Dr Sergio Lewkowicz MD, Porto Alegre Psychoanalytic Society
Dr Luigi Maccioni MD, Italian Psychoanalytical Association
Dr Merav Roth PhD, Israeli Psychoanalytic Society
Dr Gabriel Sapisochin MD, Madrid Psychoanalytic Association
Dr Harvey Schwartz MD, Psychoanalytic Association of New York (PANY) and at the Psychoanalytic Center of Philadelphia
Professor Shmuel Erlich PhD, Israeli Psychoanalytic Society
Dr Anna Streeruwitz MD, British Psychoanalytical Society
Dr Kerry Sulkowicz MD, American Psychoanalytic Association
Dipl-Psych Samy Teicher, Wiener Psychoanalytische Vereinigung (WPV) / Vienna Psychoanalytic Society
Mrs Eva Weil, Société Psychanalytique de Paris

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IPA-Erklärung: Terroranschlag der Hamas auf Israel
08. Oktober 2023

Die IPA verurteilt den beispiellosen massiven Angriff der Terrorgruppe Hamas auf zivile Gebiete und auf Hunderte hilfloser Menschen in Israel. Mindestens 2000 wurden verwundet, mehr als 600 wurden getötet, und es gibt unzählige Geiseln – Männer, Frauen und Kinder –, die aus ihren Häusern entführt wurden und immer noch von der Hamas festgehalten werden.

Dieser brutale Angriff auf hilflose Menschen erinnert an die dunkelsten Momente der Menschheitsgeschichte, in denen Spaltung und Projektion so extrem werden, dass sie zu einer völligen Dämonisierung der Zivilbevölkerung als Teil des „schlechten Anderen“ führen. Es ist die ungezügelte Freisetzung des Todestriebs, um Unschuldigen Schaden zuzufügen, ohne Rücksicht auf moralische Standards oder andere psychologische Ausgleichskräfte.

Wir verurteilen zutiefst jegliche Gewalt und insbesondere gut organisierte massive Angriffe gegen unschuldige Menschen auf der ganzen Welt und heute in Israel. Als Psychoanalytiker unterstützen wir das Recht jedes Menschen auf der ganzen Welt, sich frei, sicher und geborgen zu fühlen. Wir hoffen, dass die Gewalt bald aufhört und dass die Zivilbevölkerung beider Seiten zu einem zivilisierten Streben nach Problemlösung, friedlichem Zusammenleben und der Entwicklung der Kultur zurückkehren kann.

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