Das Ende Sigmund Freuds? Das Monopol der Verhaltenstherapie

von DPG

In ihrem sehr differenzierten und informativen Gastbeitrag beschreibt Frau Leuzinger-Bohleber eindringlich die Gefahr der Fortdauer „einer systematischen Einengung“ der Wissenschaftlichkeit des neuen Masterstudiengangs Psychotherapie.

Auch aus der Sicht der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft, die über 800 in der psycho­therapeutischen Versorgung engagierte Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker vertritt, be­steht die Gefahr, dass der unter dem Siegel der Wissenschaftsfreiheit weitgehend verfolgte Aus­schluss der Psychoanalyse aus der akademischen Psychologie an den Universitäten auch im neuen Masterstudiengang weiter bestehen könnte, obwohl die Reform der Psychotherapie­ausbildung explizit fordert, dass alle wissenschaftlich anerkannten Verfahren ebenbürtig in das Studium einbezogen und gleichberechtigt gelehrt werden sollen.

Leider mangelte es hier dem Gesetzgeber an Konsequenz. Er traute sich nicht, generell festzu­schreiben, dass die Lehrenden eine abgeschlossene Weiterbildung in dem Verfahren nachwei­sen können müssen, das sie unterrichten. Wie laut - und berechtigter Weise - würden wohl zum Beispiel Verhaltenstherapeuten, die 60 von 61 Hochschulprofessorenstellen besetzen, protestieren, wenn Psychoanalytiker auf einmal ohne fachliche Ausbildung 'Verhaltenstherapie' lehren und Dozenten-und Professorenstellen damit beanspruchen wollen würden?

Es könnte ein eklatanter Missstand fortbestehen, dass eine monodimensional verstandene Wis­senschaftlichkeit, die keine Freiheit für andere, der Psychoanalyse angemessene Wissen­schafts­ansätze und Forschungsmodelle kennt, weiterhin keinen wirklichen Raum in der refor­mierten Psychotherapeutenausbildung lassen wird für die fachgerechte Vermittlung der Psycho­analyse und ihrer versorgungsrelevanten Anwendungen als Einzel- und Gruppenpsychotherapie für Erwachsene, Jugendliche und Kinder sowie für deren notwendige Beforschung.

Dagegen meinen wir, dass die gesellschaftlichen, wissenschafts-, bildungs- und versorgungs­politischen Chancen genutzt werden sollten, die sich mit dem neuen Masterstudiengang Psycho­therapie eröffnen. Der Psychoanalyse, ihren psychotherapeutischen Anwendungen und einer ihr adäquaten wissenschaftlichen Forschung sollte im universitären Bereich mindestens der Platz gegeben werden, den sie in der psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung bereits hat.

Wir wissen, dass sehr viele Studenten ein genuines Interesse an der Psychoanalyse als 'Seelen­wissenschaft' und Psychotherapie haben, und wir meinen, dass nächste Generationen von Psy­cho­therapeuten die Chance garantiert haben sollten, durch in dem Fach Psychoanalyse ausge­wiesene Fachkundige darin unterrichtet und mit einer der Psychoanalyse adäquaten Wissen­schaftlichkeit vertraut gemacht zu werden.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Grabska, Hamburg, Vorsitzender der DPG 
Beate Blank-Knaut, Berlin, Stellvertretende Vorsitzende der DPG

Hamburg, 20.02.2020

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